Alltag versinkt im Chaos. Wohnungssuche, die sich schwieriger als gedacht gestaltet (zu klein, zu teuer, zu weit weg, zu pfui), Job geht schleppend voran, Buch gerät in Zeitdruck, und der geplante Putztag hält auch schon 48 Stunden an (kein Ende in Sicht). Dann müssen da noch Freundschaften gepflegt, Rechnungen gestellt (und bezahlt) und Urlaubsziele ausgemistet werden (Nr. 1 derzeit: Indien).
"Wir sind so... umtriebig zur Zeit, findest du nicht?" meinte neulich Mister Pringle mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht. Dass er eine derartige Bemerkung mit hochgezogenen Mundwinkeln formuliert, ist neu. Und gefällt mir.
Wehmütig dagegen die Erinnerungen an die Alm.

So sehr ich mich darüber freue, dass sich so viele Menschen dafür interessieren: wenn man noch keine Zeile geschrieben hat, weckt diese Frage ein Gefühl der Beklemmung und - Versagensängste.
Berlin im Sommer ist wunderbar. Bei meinem ersten Besuch voriges Jahr im Februar lag die Stadt im Dornröschenschlaf unter einem halben Meter Schnee, die Menschen waren mürrisch, der Himmel dunkel und das Essen grausam. Diesmal war sie, so wie ich sie mir schon vor dem ersten Mal vorgestellt hatte, freundlich, laut, bunt und anstrengend. Neue Eindrücke hämmerten im Minutentakt auf mich ein, wildfremde Menschen brachten mich zum Nachdenken, zum Lachen und zum Staunen. Ich war auf dem Flohmarkt, im Park und in Clubs, sah Menschen beim Tangotanzen und Karaokesingen, beim Drogennehmen und Kotzen zu. Ich habe Straßen bemalt, Häuserwände fotografiert, Deutsch, Englisch, Italienisch und Spanisch gesprochen. Ich war bei dem unvermeidlichen Fotoshooting, ich war einkaufen, indisch und vegetarisch essen, und ich war im Freischwimmer, im Heinz Minki (Dank an Herrn Glam! Ein lauschiges Plätzchen, allerdings sind die Wartezeiten am Essensschalter ein major turn-off) und am Strand. Ich war im fucking Berghain, weil man da anscheinend gewesen sein muss und im Lomography Gallery Shop in der Friedrichsstraße, in dem zwei Typen arbeiten, die einem Film entsprungen zu sein scheinen. Ich habe mich mit einer Freundin gestritten, mit einer Fremden angefreundet, die alle meine Texte kennt, ich habe mich ver- und gleich wieder entknallt, habe gesoffen, gelacht und getanzt. Gelebt halt.
Und dann kam ich zurück und Mutti fragte mich, wie es war, und ich so: „anstrengend, aber schön“, und sie nickte und meinte „soso“, und erzählte mir dann von den neusten Ereignissen in Pringletown, ein Raubüberfall am helllichten Tag, und X wunderte sich neulich, ob Y denn nun mit Z zusammen sei, weil sie ja zusammen in Urlaub fahren, und das sei schon seltsam.
Wenn Transsexuelle das Gefühl haben, im falschen Körper geboren zu sein, dann bin ich transnativ.
O die roten Abendstunden!
Flimmernd schwankt am offenen Fenster
Weinlaub wirr ins Blau gewunden,
Drinnen nisten Angstgespenster.
Staub tanzt im Gestank der Gossen.
Klirrend stößt der Wind in Scheiben.
Einen Zug von wilden Rossen
Blitze grelle Wolken treiben.
Laut zerspringt der Weiherspiegel.
Möven schrein am Fensterrahmen.
Feuerreiter sprengt vom Hügel
Und zerschellt im Tann zu Flammen.
Kranke kreischen im Spitale.
Bläulich schwirrt der Nacht Gefieder.
Glitzernd braust mit einem Male
Regen auf die Dächer nieder.
(G. Trakl)
In Erinnerung an meine Maturaprüfung. Dankeschön auch meinen Deutschlehrer Mister T ("...den Trakl, den machma nimma durch, der kommt eh nicht bei der Prüfung.").
Auch lustig: war in Südtirols monopolistischem Bauernverlagshaus der Buchhandlung. Auf meine Frage, ob sie das neue Buch von Kurt Vonnegut hätten, schaute mich die etwa 12jährige Verkäuferin (die wie als Alibi ein Buch in der Hand hielt, wahrscheinlich Coelho) aus großen Augen an, prustete dann los und meinte: "Also von dem hab ich ja noch nie gehört!" Ja, dann. Gibt's ihn vielleicht gar nicht. Weil, auch der Computer spuckt nichts aus. Also so gar nichts. Und das sei halt schon seltsam, meinte Teenie und kehrte zurück zu ihrer Heulsuse am Fluss oder whatever.
Und meine Leute machen sich sorgen, dass irgendwer in meinem Kaff der ganzen Provinz mein Buch in der Buchhandlung entdecken wird, sobald es herauskommt. Pfff.